Senioren – Seit Mitte 2022 entsteht im Zentrum von Oberrot ein neues Pflegeheim mit 60 Plätzen. Im Altbau des Hauses „Margarete“ sollen 28 Plätze für die solitäre Kurzzeitpflege entstehen.
Von Richard Färber
Noch ist das neue Haus Margarete in Oberrot eine eingerüstete Baustelle. Allerdings wird darin auf Hochtouren gearbeitet. Zum 1. November soll der fünfstöckige Neubau des alteingesessenen Pflegeheims eröffnet werden. Die derzeit 32 Bewohnerinnen und Bewohner ziehen dann vom Altbau in die neuen Räumlichkeiten, machen Platz für die Erweiterung der Küche, den Einbau von Spül- und Kühlraum, sowie den Umbau der Bestandszimmer für die sogenannte „solitäre Kurzzeitpflege“.
Weil die Zimmergrößen – notwendig sind 22 Quadratmeter – für dieses Angebot derzeit nicht ausreichen, muss eine Außenwand versetzt werden. Auch vier Tandemzimmer gehören dazu, sodass beispielsweise Partner mit einziehen können. „Sobald die Baugenehmigung vorliegt“, sagt Inhaber und Heimleiter Andreas Müller, „fangen wir an.“
Die solitäre Kurzzeitpflege ist neu im Portfolio der Einrichtung, und sie ist gefragt. Es seien nicht nur pflegende Angehörige, die ein solches Angebot in Anspruch nehmen, sondern zunehmend auch Ärzte und Kliniken. Sie benötigen solche Plätze für die therapeutische Nachversorgung, etwa nach Operationen. Das sollte nahtlos laufen, meint Müller, und nicht mit wochenlangen Pausen zwischen Operation und Reha. Er will deshalb einen Physiotherapeuten einstellen, der sich bei Bedarf gerne auch um die Beschäftigten kümmern darf.
Der Vorteil eines solchen Angebotes sei auch, dass damit geplant werden könne, erklärt Müller. Man könne einen Platz lange vorher verlässlich buchen, anstatt sich dann auf die mitunter auch vergebliche Suche zu machen, wenn der Bedarf akut wird. Auch der Übergang zur Dauerpflege kann hier vorbereitet und begleitet werden. Das nach seiner Gründerin, Müllers Mutter, benannte Haus Margarete, betont der Heimleiter, werde dieses Angebot als erste Einrichtung im Landkreis vorhalten. Im süddeutschen Raum gebe es derzeit nur vier Anbieter. Schon jetzt gebe es Anfragen von Interessenten aus der gesamten Region und darüber hinaus.
Auf der Höhe der Zeit
Zunächst aber liegt der Fokus auf dem Neubau, der hinter dem Bestandsbau am Rand der Rotaue gewachsen ist. Er wird auf vier Stockwerken Platz für sechzig Bewohner bieten. Die jeweils etwa 900 Quadratmeter großen Etagen sind im Großen und Ganzen baugleich, enthalten jeweils Wohneinheiten für 15 Bewohner, darunter auch ein sogenanntes Tandemzimmer für Paare, eine Küche, einen Aufenthaltsbereich, Therapieräume und Balkone. Die technische Einrichtung ist auf der Höhe der Zeit, es gibt Wlan und IT-Unterstützung, sowohl für die Bewohner als auch für die Pflegekräfte – bis hin zur „smarten Windel“, die sich meldet, wenn sie gewechselt werden muss.
Der Neubau ist der 2009 geänderten Landesheimbauverordnung geschuldet. Sie schreibt die Unterbringung in Einzelzimmern vor. Ausnahmslos. Paare, die zusammenleben wollen, müssen Doppel- oder Tandemzimmer buchen. Müller sieht das kritisch: Die meisten Bewohnerinnen und Bewohner fürchteten, isoliert leben zu müssen. Sie würden Doppelzimmer vorziehen, sagt er.
Eine ähnlich strenge Regelung gebe es auch in keinem anderen Bundesland. Gleichwohl müssen er und seine Mitbewerber reagieren – und investieren, was sich dann auch auf die Preise niederschlagen wird.
16 Millionen Euro wird das Familienunternehmen investiert haben, wenn das Haus schließlich in Betrieb ist. Mit der Planung wurde bereits 2014 begonnen, der Gemeinderat hatte zuvor den vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Erweiterung Seniorenhaus Margarete“ beschlossen. Er umfasst auch das Gelände des ehemaligen Raiffeisenmarktes, das Müller 2005 erworben hat. Hier wäre Platz für ein weiteres Gebäude von ähnlichem Ausmaß wie der Neubau, der jetzt dort entsteht, wo einst das Wohnhaus von Müllers Tante stand.
Die Bauarbeiten begannen, verzögert durch Corona, im Sommer 2022. Die Pandemie hatte auch sonst weitreichende Folgen: Die Preise explodierten, gleichzeitig gingen kaum Angebote ein. Man habe viele Aufträge zum Tagespreis vergeben müssen, sagt Müller. Mittlerweile habe sich die Situation wieder stabilisiert, allerdings immer noch auf einem hohen Niveau. Man habe nachfinanzieren müssen.
Mehr Personal benötigt
Aktuell sind im Haus Margarete 37 Voll- und Teilzeitkräfte beschäftigt, nicht nur in der Pflege, sondern auch in anderen Dienstleistungsangeboten wie Küche und Hauswirtschaft. Das meiste mache man selber, nur die Raumpflege habe man extern vergeben.
Bis alle Pflegeplätze besetzt sind, werde man aber das Dreifache an Personal benötigen, sagt Müller. Er wirbt dafür mit attraktiven Konditionen, maximaler Flexibilität und flachen Hierarchien. Motto: „Finden und begeistern!“ Das funktioniert auch: Sechs Leute habe er jüngst unter Vertrag genommen. „Wenn sich die Möglichkeit ergibt, muss man zugreifen.“
Neues Berufsbild
Relativ neu dabei ist Andrea Strack, Seiteneinsteigerin, die vor sechs Jahren mit ihrer Familie nach Oberrot gezogen ist. Sie hat eine Ausbildung zur Alltagsbegleiterin oder auch Betreuungsassistentin absolviert. Hintergrund dieses relativ neuen Berufsbildes ist das Pflegestärkungsgesetz von 2025, in dem der Anspruch auf Alltagsbetreuung fixiert ist. Sie sei sehr angetan von den Betreuungs- und Entwicklungsperspektiven, die sich im Haus Margarete bieten, sagt sie.
Vernetzungen im dörflichen Alltag gehören dazu: Andrea Strack macht beispielsweise bei der örtlichen Backhäusle-Initiative mit und plant nun bereits Backaktionen mit Bewohnerinnen.
Bevor sie nach Oberrot kam, arbeitete Andrea Strack als Kauffrau in der Veranstaltungsbranche, bringt also auch PR-Erfahrungen mit. Dieses Wissen wird auch nicht brachliegen: Die 49-Jährige wird künftig als „Leiterin Kommunikation“ im Haus Margarete fungieren und die Öffentlichkeitsarbeit betreiben.
Veröffentlich am 13. September | Foto: Richard Färber | Autor: Richard Färber
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